Herr Zeidler, was ziehen Sie morgen an?
Fragen, die Männer nie beantworten müssen…

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler ist Aufsichtsratsvorsitzender der Apella AG. Der 72-jährige Ostfriese lebt mit seiner Familie in Berlin. Er stellt sich den Fragen, die Männer wohl eher selten beantworten müssen und verrät auch, warum er mal ein Unternehmen gründen wollte mit einer 100-Prozent-Frauenquote.

 

Fränzi Kühne ist die jüngste Aufsichtsrätin Deutschlands (Freenet AG) - und eine Frau. Immer wieder wurden ihr Fragen gestellt, wie: “Frau Kühne. Was haben Sie heute in ihrem Koffer?” Sie schrieb darüber ein ganzes Buch (“Was Männer nie gefragt werden. Ich frage trotzdem mal.”). Was würden Sie darauf antworten, Herr Zeidler?

Ich kenne diese Frage vom Magazin der Deutschen Bahn. In der mobil wird das auch immer gefragt, aber darin geht es ja auch um Reisen. Würde ich verreisen, dann hätte ich sicher Akten dabei und für die Kurzweil ein Buch. …und Taschentücher weil ich Heuschnupfen habe. Aber wenn das Motiv das ist, den Unterschied zwischen Mann und Frau hervorzuheben, indem als Antwort “Lippenstift” erwartet wird, dann finde ich das bei einer Aufssichtsrätin irgendwie unpassend und dumm gestaltet. Sie hat fachlich bestimmt mehr zu bieten.

Sie sind ein attraktiver Mann Herr Zeidler. Denken Sie, dass Sie deswegen erfolgreicher sind als andere Männer?

(Lacht) Diese Aussage hätte ich gerne schriftlich. Aber… (langes Schweigen) ich kann mir schon vorstellen, dass das Aussehen eine Rolle spielen könnte in manchen Branchen. Wenn jemand im Vertrieb arbeitet, ist es sicherlich vorteilhaft, wenn diese Person ein fröhliches Erscheinungsbild hat, statt ein grimmiges. Andererseits sollte es um die Leistung gehen. Ich finde es richtig, dass Lebensläufe heute ohne Bild verschickt werden. Auch fand ich es immer unerträglich, wenn über das Aussehen von Angela Merkel gesprochen wurde. Ihre Kraft lag in dem, was sie getan hat.

Mussten Sie sich je zwischen Kindern und Karriere entscheiden?

Das ist eine sehr komplexe Frage. Ich habe zwar keine aktive Entscheidung für das eine oder das andere getroffen, aber in meiner ersten Ehe habe ich mich durch mein Verhalten für die Karriere entschieden. Die Ehe ist kaputt gegangen und ich habe danach sehr viel Reparaturarbeit leisten müssen an meinen Kindern aus erster Ehe. Ich denke heute, dass es ganz gut gelungen ist. Es war eine bewusste Entscheidung, mich ihnen später intensiver zuzuwenden.

Das klingt heute sehr reflektiv und selbstkritisch. Haben Sie Ihre Karriere damals nie in Frage gestellt?

Nein. Damals musste ich die Welt retten, dachte ich jedenfalls. Ich habe gar nicht reflektiert oder mich darum gekümmert, welche Befindlichkeiten sich auftun könnten. Einmal musste wegen einer beruflichen Veränderung die ganze Familie umziehen. Damals wurde die Familie gar nicht gefragt. Heute sehe ich das anders.

Hat sich das aus Ihnen entwickelt oder folgen Sie dem gesellschaftlichen Trend?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Natürlich bin ich nicht unabhängig im Denken von den Trends, die sich um mich herum entwickeln. Aber ich habe auch einen eigenen Lernprozess durchgemacht. Ich denke, ich habe mich weiterentwickelt.

Können Männer heute offener über Entscheidungen und gegebenenfalls auch über die Fehler sprechen, die sie gemacht haben?

Als ich habe keine Sorge damit, aber ich gebe Ihnen Recht mit dem „heute". Früher hat man darüber sicherlich weniger gesprochen. Da war man eingespannt auf dem Karriereweg und eher vorsichtig damit, persönliche Dinge preiszugeben. Heute steht man eher dazu und spricht darüber. Das gilt auch für mich.

Haben Sie das Gefühl, dass Sie für Ihre Karriere etwas opfern mussten?

Ja, im Bezug auf meine Familie, aber auch bei Tatbeständen, wie Freundschaften oder der Gesundheit, die zu kurz gekommen sind. Auf der anderen Seite ist Karriere auch ein Zugewinn an Erfahrungen und spannenden Momenten. Auf der einen Seite opfert man etwas, um auf der anderen Seite etwas Interessantes zu erhalten.

Können Sie für andere Männer ein Vorbild sein?

(langes Schweigen ) Ich habe in der Vergangenheit erlebt, dass Andere mir durch eine Danksagung mitgeteilt haben, dass ich wohl in einer Sache ein Beispiel für ihr Tun gewesen bin. Also in EInzelfällen vielleicht ja.

 

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